
Entwurfsidee
Schon von weitem entlang der Weser zu sehen, thront der ehemalige Bremer Wasserturm auf dem Stadtwerder und prägt das Stadtbild. Im Bremer Sprachgebrauch als „umgedrehte Kommode“ bekannt versorgte sie seit ihrer Errichtung 1871 die Leitungen Bremens im 19. Und 20. Jahrhundert mit aus der Weser gefiltertem Trinkwasser. Nach einigen Jahren der Nachnutzung ist es in letzter Zeit ruhiger im Turm.
Nun soll ein Entwurf im Modul „Konstruktion und Ökonomie“ mit Rücksicht auf den Denkmalschutz das Technikdenkmal aus seinem Schlaf erwachen lassen und erneut mit seiner ursprünglichen Funktion des Austauschs füllen. Es soll als Wahrzeichen Bremens für viele Menschen zugänglich sein, wodurch sind drei Hauptnutzungen ergeben. Zum einen die, des finanziell von der Stadt geförderten Theaters mit Noch-Mall im früheren Kesselhaus. Um das Projekt auch in wirtschaftlicher Hinsicht interessant zu gestalten, kommen ein gastronomisches Konzept so wie die, eines Hotels hinzu. Die geplanten Hotelzimmer könnten zum Zwecke einer noch höheren Wirtschaftlichkeit auch als 1-Zimmer-Wohnungen mit Austritten umgesetzt werden. Hinsichtlich des Gesamtkonzepts, das den Austausch in den Vordergrund stellt, entscheidet sich dieser Entwurf für einen stetig wechselnden Gästeverkehr.
In seiner Nachnutzung soll sich das Gebäude organisch weiter entwickeln und durch minimale und effiziente Eingriffe ergänzt werden, um seine Historie zu würdigen.

Stimmung
Durch seine Fenster gerasterte Fassade des Backsteingebäudes erscheint es von allen Seiten gleichwertig. Dieses strikte Muster wird im Innenraum durch eine bis zu knapp zwei Meter dicke und vertikal verlaufende Mittelwand durchbrochen. Der quadratisch zu vermutende Grundriss wird in zwei Rechtecke zerteilt, die in jeder Ebene lediglich durch zwei bogenförmige Durchgänge verbunden sind. Die Gewölbedecke des Erdgeschosses erweist sich beim Betreten der unteren Räumlichkeiten als wahrer Blickfang. Die oberen Geschosse werden über eine Wendeltreppe im Nord-West-Turm erschlossen. Prägend für die innere Erscheinung des Gebäudes sind die immer wieder auftauchenden Rohre und Fischbauchträger so wie Tanks, die auf die ehemalige Nutzung des Technikdenkmals hinweisen.



Grundrisse untere Geschosse
Die Gastronomie bespielt das mit seinen Gewölben eindrucksvolle Erdgeschoss und den sich zwischen Kesselhaus und Kommode ergebenden Vorplatz. Auf der Decke der Küche ergibt sich weiterer Raum, um in unmittelbarer Nähe des Gewölbes Feierlichkeiten abzuhalten und zu Speisen. Geht man von hier aus über die frei stehende Wendeltreppe, die der Wendeltreppe des Turms abgeleitet ist, in das Untergeschoss, gelangt man in den akustisch und lichttechnisch abzutrennenden Spielbereich des Theaters. Dieser bildet so mit seiner einfahrbaren Tribüne und kalibrierten Akustikpanelen eine optimale Grundlage zur Realisierung verschiedenster kreativer und schauspielerischer Projekte. Über den Erschließungskern lassen sich mit Hilfe eines Lastenaufzugs Requisiten von den in der nördlichen Hälfte liegenden Ateliers und Lagern auf und ab auswechseln. Zugehörig zum Theater ist das ehemalige Kesselhaus, in dem in der „Noch-Mall“ aussortierte Requisiten und Kostüme verkauft werden oder Tauschbörsen der verschiedenen Bremer Theater stattfinden.





Grundrisse Obergeschosse
Die durch ihre Lage optimal gleichbleibend belichteten Ateliers Bestehen aus einer Tischlerei im 2. OG mit eigenem Lager im 1.OG, einer Schneiderei im 4. OG mit zugehörigem Lager mit besten Voraussetzungen zur Konservation im 3. OG dem Dunkelgeschoss. Das 5.OG wird durch ein Atelier bespielt, das aufgrund seiner zurückhaltenden räumlichen Aufteilung flexibel umgenutzt werden kann. Auf der anderen Seite des Aufzugs befinden sich in der Nord-Westlichen Hälfte je Geschoss ein kleinerer Ankleide-, Besprechungs- oder Multifunktionsraum. In Form einer neuen innenliegenden Fensterebene mit Öffnungsflügeln und daran anschließender nachträglicher Dämmung wird eine neue Dämmebene erzeugt, und damit Wärmebrücken minimiert. Einen optischen Austausch zwischen Hotel und Theater stellen die rhythmisch angelegten, bodenförmigen Durchbrüche her. Sie folgen der Form der bestehenden Durchbrüche und differenzieren sich durch eine Aluminium-Mantelung.
Das Hotel lässt sich an der Süd-West Fassade durch ein altes Tor und einen hinter gelagerten Windfang über eine Galerie betreten. Sie legt die noch vorhandenen Maschinen und Rohre im Untergeschoss frei und ermöglicht einen Blick bis hinauf bis auf das eindrucksvolle Gewölbe. Die insgesamt 16 Hotelzimmer nehmen nach Vorbild der Wassertanks mit ihrer von der Fassade. Die nach dem „Haus im Haus-Prinzip“ funktionierende neue Dämmebene erlaubt es, die von den Spuren der Zeit zeugenden Außenwände in ihrem charmanten Zustand zu belassen. Präzise an die Fassade angepasste Fensterausschnitte setzen die unbehandelte, charmevolle Fassade mit ihren restaurierten Fenstern bewusst in Szene. Decken-Aussparungen in den Bereichen der Fenster erlauben Blickaustausche über die gesamte Höhe der ursprünglichen Geschosse. Um die Distanz zur Fassade zu wahren und weiter möglichst schmale Rahmen zu verwenden, bleiben die Fenster der Hotels geschlossen. Sie werden durch eine Lüftungsanlage versorgt.
Im Dachgeschoss entsteht in den Tanks Fläche für einen vielseitig nutzbaren Ausstellungs- und Veranstaltungsraum mit einmaliger Untersicht auf das historische Dach.

Konstruktives Konzept
Um mehr nutz- und vermietbare Fläche zu generieren, werden im zweiten und vierten Obergeschoss neue Ebenen eingezogen. In Form einer Holz-Beton-Verbunddecke mit Fußbodenheizung sind sie leicht und tragfähig, wodurch sie das bestehende Tragwerk schonen. Bestehende Decken werden durch Brettsperrholz-Decken ausgetauscht und von den durch HEM-Träger unterstützten Fischbauchträgern (beidseitig von der Mittelwand zur Fassade spannend) abgetragen. Neue Wände werden nachhaltig in der günstigen, leichten und flexiblen Holzständerbauweise ausgeführt. Lediglich der Erschließungskern mit zwei Personen- und einem Lasten-Aufzug sowie der Fluchttreppe wird aus Stahlbeton errichtet. Um nur eines der Gewölbe durchbrechen und das Minimum von fünf Fischbauchträgern entfernen zu müssen, folgt er deren Format. Entnommene Holzdielen der alten Böden werden aufgearbeitet und in den Erschließungsbereichen des Hotels wiederverwendet. Früher zugemauerte Fenster werden geöffnet, mit Fenster-Replikaten so die ursprüngliche Fassade und ihre Funktionalität wiederhergestellt. Bestehende Fenster werden während der Bauarbeiten entnommen, restauriert und wieder eingesetzt. Das in Großbritannien gefertigte Zeltdach aus Schweißeisen wird im Rahmen der Umbauarbeiten abgetragen und kosmetisch aufgefrischt und nachgedämmt. Um einem weiteren auseinander lehnen der tragenden Wände präventiv entgegenzuwirken, werden die Rolllager durch ein Ringfundament aus Stahlbeton ersetzt. Zwischenzeitlich werden auch die Tanks zum Austausch des alten Tropfbodens entnommen. Die der Gebäudemitte zugewandten Wände der Tanks werden ausgeschnitten, Aussteifungen werden eingesetzt.
Durch effiziente Eingriffe wird die umgedrehte Kommode also mit einer neuen Nutzung in ihrer ursprünglichen Funktion als Ort des Austauschs wieder gebraucht. Ergänzungen lassen die Kommode in ihrem klaren Rhythmus erneut erstrahlen und heben ihren einzigartigen Charme hervor.




Präsentation in der Umgedrehten Kommode
